Das ist der Endstand von Level 1 des Spieles, mit dem ich derzeit meinen Alltag organisiere.
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Gamification-Methoden für zu erledigende Aufgaben verwende ich jetzt schon seit über zehn Jahren. Angefangen hat es in meinem Maturajahr; mit einem Zettel, auf dem ich einen Punktestand dokumentiert habe, und mir für bestimmte erledigte Aufgaben oder Erreichtes Punkte vergeben habe. Umgekehrt haben bestimmte Belohnungen Punkte gekostet. Gescheitert ist das Spiel daran, dass ich mir einige Belohnungen gegönnt habe, ohne dafür die nötigen Punkte zu haben - nachdem ich also einmal geschummelt hatte, war das Spiel quasi entwertet.
Zwischendurch war ich etwa eineinhalb Jahre auf Habitica (damals hieß es noch HabitRPG), einem Online-Tool, das vom Prinzip her nicht so viel anders funktioniert. Allerdings ist es bei Habitica so gedacht, dass unterschieden wird zwischen daily quests und anderen Quests. Für das Auslassen einer täglichen Quest verliert die Spielfigur Hit-Points, während für andere Quests nur gilt, dass sie umso mehr Gold abwerfen, je länger sie bereits aufgeschoben wurden. (Dadurch soll Motivation dafür aufgebaut werden, etwas anzugehen, das schon lange liegt - gleichzeitig ist natürlich das Problem, dass so auch Motivation dafür erzeugt wird, dass etwas liegengelassen wird!)
In Habitica selbst sind Belohnungen natürlich nicht direkt eingebaut, da diese ja individuell funktionieren. D.h. die Spieler*in definiert eben, dass eine Belohnung soundsoviel Gold kosten soll, und klickt dann manuell, dass Gold abgezogen werden soll. Das ist einigermaßen unelegant, geht aber wohl nicht anders.
Ein weiteres Problem war, dass das ganze natürlich online war, und ich selbst keine Kontrolle darüber hatte, Fehler zu korrigieren - etwa, wenn ich eine Quest eigentlich gemacht hatte, aber vergessen, sie anzuhaken. Was insbesondere dann blöd ist, wenn ich schon schlafen gehen möchte, und den Computer gerade ausgeschaltet, und mir dann einfällt, dass ich das Häkchen bei "Früh Schlafengehen" noch gar nicht angehakt habe...
Wirklich ein Problem wurden mir aber die daily quests. Nichts ist demotivierender, als an einem Tag, wo aufgrund von Depression ohnehin schon nichts weiterging, auch noch im Spiel Hit-Points zu verlieren. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis mir dieses Problem wirklich bewusst wurde - und dann habe ich Habitica aufgegeben, und beschlossen, mir wieder etwas zu bauen, dass auch offline funktioniert. Und ohne den ganzen komplizierten Schnickschnack von Habitica - ich konnte dort nie so recht durchschauen, warum ich wieviel Gold für etwas bekam, und es war auch eine Menge Zufall dabei, der sich falsch anfühlte, weil ich ihn nicht verstand.
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Ich mache einen großen Sprung vorwärts. Ich hatte zwischendurch verschiedene Systeme gehabt, manche auch spielhafter, manche sehr langweilig aber effizient.
Im Verlauf meiner Psychotherapie habe ich Faktoren erkannt, wie ich mir selbst das Leben schwer mache, und mein Spielsystem dann schließlich möglichst weit daran angepasst.
Weil es mir etwa besonders schwer fiel, Dinge anzufangen, habe ich die Punkte innerhalb von Aufgaben in verschiedene Kategorien unterteilt. Das wichtigste Konzept dabei ist Minimal Effort bzw. Incipit, wie ich es genannt habe. Es bedeutet, dass ich bereits für das Anfangen Punkte bekomme, selbst wenn es dann dabei bleibt, und ich sogleich wieder damit aufhöre.
Der Witz daran ist, dass ich selten, wenn ich angefangen habe, wirklich gleich wieder aufhöre. (Obwohl es mir erlaubt wäre, und ich dafür dann auch wirklich meine Punkte bekäme) Wenn die Hürde des Anfangens einmal überwunden ist, fällt das Weitermachen nicht so schwer.
Bei meinem aktuellen Hauptsystem gibt es diese Kategorien:
Incipit / End / 1h / 2h / Unit
End kommt nur bei wenigen Tasks zum Einsatz - vor allem bei Vorlesungen, wo ich mir dann eben für das Incipit (Hingehen) und für das End (bis zum Ende dort bleiben) separat Punkte vergebe.
Bei anderen Tasks ist die Zeit wichtiger, dementsprechend gibt es für das Erreichen einer 1-Stunde-Marke oder 2-Stunden-Marke Punkte. Unit schließlich ist ein Sammelbegriff, der je nach Task unterschiedlich definiert werden muss.
Dieses Hauptsystem sitzt bei mir derzeit in einer Txt-Datei, die bei jeden Hochfahren des Computers automatisch als erstes gestartet wird. Ich sehe also immer gleich, wieviele Punkte ich aktuell habe, und darunter ist die Tabelle der Aufgaben:
Wie gesagt, die Incipit/MinimalEffort Spalte ist die wichtigste für das Funktionieren. Das muss natürlich individuell angepasst werden; für mich ist das Anfangen eben bei Weitem die größte Hürde. Die Punkte übertragen sich dann in Euro (2 Punkte = 1 Euro, wobei manche Sachen, wie etwa Süßigkeiten, noch "besteuert" werden und wesentlich mehr kosten als nur ihren Punktepreis in Euro).
Dieses Hauptsystem erfüllt zwar den Zweck, alles zusammenzuhalten, ist aber als Spiel nicht besonders spannend. Deswegen habe ich dann vor einem Monat beschlossen, dass ich zum Zwecke zusätzlicher Motivation innerhalb des Hauptsystems noch ein Spiel starte:
Um ein Startfeld herum liegen weitere Sechseckfelder. Jedes einzelne Feld wird zunächst einmal erwürfelt. In diesem Fall zuerst mit einem W3:
1 - bodenloser Abgrund
2 - leichte Quest
3 - schwere Quest
Am Anfang hatte ich ziemlich Pech und habe mich zwischen vielen Abgründen gefunden (wie auf dem Bild auch zu sehen).
Für die Zuteilung der Quests habe ich zwei weitere Listen erstellt, einmal für leichte, dann für schwere Quests. Unter den leichten Quests finden sich viele Aktivitäten, die im Prinzip eher Freizeitaktivitäten sind - im Bild zu sehen etwa LETT für eine Stunde Lettischlernen. Gekennzeichnet habe ich die Questart am Spielfeld durch einen oder zwei Punkte vor dem Kürzel. Der Doppelpunkt bei :DIP steht also dafür, dass es sich hierbei um eine schwere Quest handelt.
Natürlich sind die Listen so gewählt, dass die aktuellen Prioritäten öfter gewürfelt werden, als eher nebensächliche Aktivitäten. Die Auswahl der Quest geschieht mit einem W20, bei dem ich eben manchen Aktivitäten gleich drei oder vier Zahlen zugewiesen habe.
In Level 1 war die oberste Priorität das Aufräumen. Daher gab es diese Quest in zwei Fassungen; einmal als leichte Quest ("ein bisschen aufräumen" - ganz ähnlich einem Incipit) und als schwere Quest ("eine Stunde aufräumen").
Nur für schwere Quests gibt es hier Punkte - diese werden direkt ins Hauptsystem übertragen, das ich oben schon vorgestellt habe. Die Spiele greifen also ineinander. Leichte Quests hingegen bringen eigentlich nichts, außer am Spielfeld voranzukommen.
Und gerade darin, im Aufdecken von neuen Feldern, liegt der große Reiz dieser Spielart für mich. Ich bin ein unsäglich neugieriger Mensch - der Umstand, dass ich nicht weiß, welche Quest sich hinter dem nächsten Hexfeld verbirgt, macht es ungeheuer motivierend, eine Quest zu erledigen, einfach nur, um das zu erfahren.
Genau aus diesem Grund ist der Zufallsfaktor in diesem Spiel auch so hoch angesetzt. Weil es um das Erkunden einer anfangs zugedeckten Karte geht.
Hier ist der Level 1 noch in etwas fortgeschrittenerem Stadium zu sehen:
Das :DIP-Feld blieb über eine sehr lange Zeit, fast bis zum Schluss, unaufgedeckt, und versperrte mir den Weg nach links, deswegen habe ich mich primär nach unten und rechts ausgebreitet, wo ich auf deutlich weniger bodenlose Abgründe stieß. ;-)
Als Siegbedingung habe ich mir - in etwa zum Zeitpunkt des letzten Fotos - dann mehrere Bedingungen festgelegt, unter anderem, dass ich drei Spielfeldränder erreichen müsse, und dass ich insgesamt 8 Randfeldquests erfüllt haben müsse.
~ ẞ ~
Ich war dann schon recht begierig auf Level 2. Dafür habe ich etwas umgebaut, eine dreifache Unterteilung in leichte, schwere und "heavy" Quests gemacht. Letztere bringen noch etwas mehr Punkte als schwere Quests. Die Auswahl funktioniert mit einem W10 mit folgender Belegung:
0-2 : Void / Abgrund
3-5 : Leichte Quest
6-7 : Schwere Quest
8-9 : Heavy Quest
Drei Listen zu haben, macht es allerdings etwas unübersichtlicher, außerdem ist die Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Zahl, gewürfelt zu werden, nun schon ziemlich klein geworden. Für eine leichte Quest auf nur einer Ziffer des W20 ist die Wahrscheinlichkeit, auf einem neu aufgedeckten Feld zu liegen 3/200, also 1,5 Prozent. Das ist schon sehr wenig.
Außerdem habe ich noch ein weiteres Spielelement eingeführt - es kann auch manchmal ein Monster aufgedeckt werden, und dann werden mir Hit-Points abgezogen. Diese kann ich wieder regenerieren, indem ich diverse Selfcare-Tasks mache (die nicht auf den Questlisten stehen, sondern nochmal extra).
Jetzt bin ich 2 Tage im zweiten Level und habe festgestellt, dass ich mit dem System nicht so recht zufrieden bin, und wieder etwas umbauen muss. So sieht Level 2 nun aus:
Ich hatte auch hier wieder krasses Würfelpech - der gesamte linke Rand ist ein einziger bodenloser Abgrund. ;-)
Nun wird Level 2 noch einmal aufgesetzt - ich werde nicht viel ändern, nur das Monster werde ich wieder rausnehmen - dafür werde ich aber ein Spielelement hinzufügen, das es mir erlaubt, hin und wieder auch Felder zu durchqueren, ohne die exakte Quest darauf zu erledigen. Etwa ein System, dass 3 beliebige schwere Quests reichen, um ein schweres Questfeld zu durchqueren. (Das wird dann aber nicht ausgemalt, sondern bekommt nur einen Punkt als Durchquerungssymbol. Ich kann die Quest dann später immer noch machen, um die Punkte zu kassieren.)
Da ich das Monster und die Hit-Points entferne, werde ich etwas ähnliches wohl mit den Self-Care-Tasks machen. Vllt die Anzahl der Abgründe reduzieren, dafür aber gelegentlich mal freie Felder - um diese zu durchqueren, muss einfach nur etwas beliebiges erledigt werden.
Auf diese Weise hoffe ich, dass das ganze flexibler wird, und motivierender ist. Es ist nämlich einfach unbefriedigend, an einer Stelle festzusitzen wo ich nur entweder
a) schwere Quests habe, denen ich mich vom Energielevel her gerade nicht gewachsen fühle oder
b) Tasks, die eigentlich grad völlig sinnlos sind, während andere Sachen, die eigentlich erledigt werden sollten, nicht am Spielfeld vorhanden sind.
Wünscht mir Glück, dass Level 2b besser funktioniert. :-)
~ Jundurg Delphimė
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