CN: Weltpolitik, Faschismus
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Mittlerweile hat das Semester wieder begonnen. Ich schreibe hier im Blog relativ wenig, was eher daran liegt, dass ich zuviel vor habe dafür als zuwenig. Es ist manchmal schwer, salopp ein Update zu geben, weil es so viele Dinge gibt, die gleichzeitig passieren - so, wie ich es früher oft gemacht habe, dass ich darüber schreibe, was ich so für Musik höre oder was ich an Kreativprojekten laufen habe, war zwar eine Möglichkeit, schränkt mich aber manchmal ein.
Denn was jetzt im Moment viel Platz in meinen Gedanken beansprucht, sind aktuelle politische Entwicklungen, die mir Angst machen. Darüber kann ich aber schlecht einen kurzen Einwurf verfassen. Die Angelobung von Kavanaugh in den Supreme Court der USA war bereits eine Katastrophe, die möglicherweise über Jahrzehnte negative Konsequenzen hat. Und dass das Trump-Regime plant, trans Leute direkt wegzudefinieren, also Effektiv einen Freibrief zur Diskriminierung zu erlassen, ist grauenerregend.
Es mag sein, dass ich etwas zu sehr der amerikanischen Politik folge, und dabei die hiesige etwas vernachlässige - das liegt vielleicht auch daran, dass es hier kaum besser ist; wir haben Neonazis in der Regierung, und die Leute, die das tolerieren oder halt mitarbeiten, sind effektiv auch nicht besser... also auf die österreichische Politik zu schauen, ist deprimierend und macht mir genauso Angst, aber was in den USA passiert, hat eben weltweite Konsequenzen: Wenn das mit Abstand stärkste Militär der Welt in den Händen von Faschisten ist, sind alle in Gefahr.
Die Hilflosigkeit ist das Schlimmste daran. Ich glaube nicht, dass die Nachwelt das derzeitige System der USA überhaupt noch als Demokratie bezeichnen wird - wenn aktiv daran gearbeitet ist, dass möglichst wenige wählen gehen können, und ein ohnehin schon absurd gewichtetes System immer noch weiter zerstört wird, ist nicht mehr viel da von der Demokratie. Und selbst wenn es alles demokratisch ablaufen würde - wenn Nazis legal gewählt werden, wie werden wir sie los? Bürgerkrieg? Die öffentliche Meinung scheint sie ja nicht mehr zu kümmern - wenn jede Woche ein neuer Skandal kommt, aber nichts sie in ihrer Machtposition erschüttern kann. Gibt es in einer Demokratie überhaupt noch Mittel, die Faschisten wieder loszuwerden?
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All diese Dinge machen es mir im Moment schwer, mich auf meine eigenen Probleme und meinen Alltag zu konzentrieren. Ich habe einen sehr guten Sommer hinter mir, auch einen produktiven, aber jetzt bricht gerade alles wieder ein bisschen zusammen - nicht alles, nein.
Mein Orchesterstück ist weiter gediehen - ich bin bis zu den Schlusstakten durchgekommen, allerdings habe ich einen Abschnitt in der Mitte übersprungen. Den noch fertigzuschreiben wird die Herausforderung der kommenden Wochen/Monate sein - es ist eine recht unangenehme Stelle, wo sehr viel gleichzeitig passiert, und ich musste jetzt erst einmal Extrazeilen einfügen, damit ich die Sache in Griff kriegen kann.
Meine Diplomarbeit hingegen ist nicht weiter gediehen - da muss ich in nächster Zeit einen klaren Plan erstellen, was ich da eigentlich noch machen will, und dann den abarbeiten.
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In meinem Umkreis verwende ich bei etlichen Leuten jetzt Sie-Pronomen und einen anderen (weiblichen) Namen - auf der Uni jedoch nicht, was ein wenig anstrengend ist. Je mehr ich mich an das eine gewöhne, desto mehr wird das andere ein Problem - früher war es mir ziemlich egal, wie mich jemand anspricht, mittlerweile nicht mehr so sehr. Ich zögere noch sehr, aber ich glaube, über kurz oder lang werde ich mich auch an der Uni mit meinem neuen Namen vorstellen - aber nur dort, wo ich auch wirklich mit anderen Menschen interagiere, d.h. wo ich danach gefragt werde. Ich habe nicht soviel Angst davor, aufzufallen - das tu ich sowieso schon, wenn ich einen Rock anhabe - sondern eher Angst davor, nicht zu wissen, wie ich mit einer Situation umgehen soll. D.h. ich glaube, mich zu outen wäre oft eigentlich die unkompliziertere Lösung, und wenn dann jemand irritiert ist oder blöde Fragen stellt, dann ist das nicht mehr so sehr mein Problem, denn ich reagiere dann ja nur auf das, was kommt.
Aber - ich weiß nicht, ob ich das schaffe, und in welchen Situationen es überhaupt relevant wird. In Vorlesungen bringt es nichts, ich habe es ja nie wirklich geschafft, Kontakt zu Studienkolleg*innen aufzunehmen, wenn ich nicht fast schon dazu gezwungen werde.
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Musikalisch gibt es wenig neues zu sagen - wohl aber zu hören, zumindest für Leute, die meinen Youtube-Kanal nicht verfolgen. Ich hab den ersten Batzen DeepNight-Klavierstücken hochgeladen, zu finden hier.
Die Musik zu DeepNight ist 2006 entstanden, parallel zu den Kurzgeschichten, aus denen sich dann die Welt entwickelt hat. (Mehr zur Welt Deep Night gibt es ... naja, zum Beispiel hier zu lesen - da linke ich dreist hinein, weil sich das relativ gut für sich stehend lesen lässt.) Bereits die Klavierstücke von damals zeichnen sich durch typische Merkmale aus: Irgendwie nicht so durchgeplant, absichtlich halbfertig gelassen, zuweilen verstörend simpel, leider oft auch pathetisch.
Für das Neuaufgreifen habe ich versucht, diese Eigenschaften nachzubauen (bis auf den Pathos, jedenfalls bis jetzt, der hat mich damals schon eher gestört). Der Ich-Erzähler ist eine Karikatur meines 16-jährigen Ichs, bei der ich meine soziale Inkompetenz und meinen Autismus (der mir damals gerade erst als solcher bewusst geworden war) sowie einige andere Eigenschaften massiv überzeichnet habe. Im Nachhinein denke ich, dass ich auch Depersonalisationssymptome mitbeschrieben habe. Das Gefühl, ein Zombie zu sein, nicht so wirklich da, aber auch nicht wirklich tot, alles durch eine Brille der Abstraktion zu betrachten und kaum etwas je aus der Nähe - kommt in DeepNight in den alten Texten auch immer wieder durch, auch wenn der Hauptfokus der absurde Humor ist.
Aber Witze sind es vielleicht eben nicht nur. Es ist mir sogar einmal passiert, dass ich in einer Kurzgeschichte ein medizinisches Symptom als Witz beschrieben habe, das mir Jahre später dann plötzlich selbst widerfahren ist. Und zwar hatte ich beschrieben, wie dem Ich-Erzähler plötzlich der Blick entgleitet, er sein Gegenüber nicht ansehen kann, weil die Augen immer schon weitergesprungen waren zur nächsten Sache... genau das ist mir vor etwa einem Jahr passiert, als eines Nachts irgendwas auf mein Innenohr gedrückt hatte, sodass mein Gleichgewichtssystem gestört wurde. Um das Gefühl, schief zu stehen, auszugleichen, haben meine Augen begonnen, stets in eine Richtung hin abzurutschen. Das Phänomen hielt anderthalb Tage lang an und wurde phasenweise so schlimm, dass ich selbst im Bett liegend noch das Gefühl hatte, zur Seite wegzukippen. (Daher also der Stücktitel Nystagmus)
Direkt als Beschreibung eines für mich damals wie heute vertrauten Bewusstseinszustandes verstehe ich das Stück I Am Broken, selbst eine Rekonstruktion-Weiterführung eines der Originalstücke von 2006. Das Gefühl, dazusitzen aber keinerlei Motivation für irgendwas mehr zu haben, weil kein Ich mehr da ist, das sie haben könnte - in den langen Generalpausen ist jedesmal die Frage, ob es überhaupt noch weitergehen wird.
Und in Do not name me! geht es dann um die Eigenschaft des Ich-Erzählers, keinen anderen Namen haben zu wollen als "Namenlose Person" oder eben "Ich-Erzähler". In den allerersten Texten hatte der Ich-Erzähler sogar einen Namen, nämlich meinen. Kurz bevor ich den Text dann aber zum Lesen Freunden weitergegeben habe, hab ich das rausgenommen, weil es mir peinlich war, einen Namen zu verwenden, unter dem mich niemand kannte. (Weil es ein Spitzname war, den ich mir selbst als Kind gegeben hatte.) Jahre später kam dann ein Plot dazu, in dem der Erzähler um das Recht kämpfen musste, weiterhin namenlos bleiben zu dürfen. Im Kontext von Transsein lese ich da heute noch einmal eine andere Ebene hinein, die ursprünglich nicht gemeint war, es könnte ja auch heißen Do not deadname me! - aber wie gesagt ist das eine neue Interpretation.
Dennoch - DeepNight hat unter meinen Welten die Sonderposition, immer gleichzeitig auch ein Spiegel meiner psychischen Gesundheit zu sein. Die Bewohner*innen der Welt sind teilweise sich ihrer eigenen Fiktionalität bewusst, und manche gerade deswegen auf einer anderen Ebene angesiedelt, beinahe gleichwertig mit mir selbst, als personifizierte Anteile bzw. Akteure einer Selbsttherapie. Der Ich-Erzähler repräsentiert aber eher eine Position des Sichverweigerns gegenüber der Welt draußen. Mit 16 hatte ich eine sehr negative Haltung gegenüber mir selbst und der Welt, in der ich lebe... heute sehe ich meist nur noch die Welt negativ :-P
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